Yoga und Religion

Die Wurzeln des Yoga liegen im Hinduismus (bzw. Brahmanismus). Yoga wird aber heute von Menschen aller Religionen praktiziert. Obwohl die Motivation nicht selten spiritueller Natur ist, wird Yoga nicht als Religion verstanden. In den Yogasutren von Patanjali wird Meditation und Hingabe an ein höheres Wesen gelehrt. Das kann ein Gott, egal welcher Religion sein, aber auch die Natur oder die göttliche Natur der Dinge, einen "Urgrund" meinen.

Der Begriff Yoga (Sanskrit, m.von yuga „Joch“, yuj für: „anjochen, zusammenbinden, anspannen, anschirren“) kann sowohl als „Vereinigung“ (... mit dem "Urgrund", dem "Sein", dem "universellen Prinzip") als auch im Sinne von "Anschirren" und "Anspannen" des Körpers an die Seele zur Sammlung und Konzentration verstanden werden.

Als Religion bezeichnet man eine Vielzahl unterschiedlicher kultureller Phänomene, die menschliches Verhalten, Handeln und Denken prägen und Wertvorstellungen normativ beeinflussen. Es gibt keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition des Begriffs "Religion". Im Christentum wird das Wort Religion abgeleitet von lat. religio = Gottesfurcht, Frömmigkeit, Heiligkeit, allgemeiner: Bedenken, Gewissenhaftigkeit. Die ältesten Quellen führen "religio" zurück auf das Verb relegere = wiederauflesen/-sammeln/-wickeln, bedenken, acht geben, beachten,. So wurde mit religio die getreue Beachtung kultischer Regeln und Überlieferungen bezeichnet. Der christliche Kirchenvater Lactantius bezog das Wort religio auf das lateinische Verb religare (religo) = anbinden, zurückbinden, festhalten, an etwas festmachen. Religion wäre nach dieser Darstellung die Rückbindung an einen von Gläubigen an- bzw. wahrgenommenen göttlichen Urgrund. Legt man diese Deutung zu Grunde ergibt sich durchaus, dass Yoga auch als Religion angesehen werden kann.

Yoga ist eine indische philosophische Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen wie Yama, Niyama, Asanas, Pranayama, Pratyahara, Kriyas, Meditation umfasst. Yoga ist eine der sechs klassischen Schulen (Darshanas) der indischen Philosophie. Es gibt viele verschiedene Formen des Yoga, oft mit einer eigenen Philosophie und Praxis. Im Westen denkt man bei dem Begriff Yoga oft nur an körperliche Übungen, die Asanas, den "Hatha-Yoga". Einige meditative Formen von Yoga legen ihren Schwerpunkt auf die geistige Konzentration, andere mehr auf körperliche Übungen und Positionen und Atemübungen (Pranayama), einige Richtungen betonen die Askese. Die philosophischen Grundlagen des Yoga wurden vor allem von Patanjali im Yoga-Sutra formuliert, auch die Bhagavad Gita und die Upanishaden nehmen Bezug auf den Yoga.

Yoga verfolgt spirituelle Ziele bzw. geht es darum, letztlich Erleuchtung, Kaivalya (oder Moksha, Befreiung), zu erlangen. Yoga steht aber auch nicht im Widerspruch zu Anschauungen anderer Religionen, so kann man z. B. in den Yamas und Niyamas Parallelen zu den Geboten des Christentums und des Judentums feststellen. In Anlehnung an eine Lehre der Upanischaden betrachten Yogis die Weltseele (vgl. Brahman/Atman) als universelles Prinzip, das alle Lebewesen verbindet bzw. ihnen gemeinsam innewohnt. Aus den historischen Wurzeln heraus haben das Karma-Konzept und die Reinkarnationslehren Yoga beeinflusst. Im islamischen Kulturkreis finden sich Parallelen zum Yoga im Sufismus, der islamischen Mystik. Die Yoga-Philosophie Patanjalis unterscheidet sich durch eine theistische Orientierung von der in vielen Punkten ähnlichen Samkhya-Lehre, in der der Glaube an einen Gott keine Rolle spielt.

Yoga wird heute weitgehend unabhängig von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen zur persönlichen Entwicklung von Körper und Geist praktiziert.